Yogaweg Jahrestreffen 2016
Tradition und Erfahrung
Sriram sprach vom vierten, einige Schüler meinten es wäre das Jubiläum mit dem fünften Jahrestreffen des von Sriram in´s Leben gerufenen Yogaweges.
Jedenfalls war es mein Erstes.
Ohne Erwartungshaltung mit meinen Mädels (die ich bei Conny in der Ausbildung kennen lernen durfte) im Auto, nach gut vierstündiger Fahrt an einem wunderschönen Platz mitten im Odenwald angekommen. Seminarort ist Hof Herrenbach im Brombachtal, das Amma Seminarzentrum Deutschland.
Neugierig treten wir ein.
Es sind an den Haupttagen 150 Teilnehmer, die meisten Yogalehrer wie wir und alles Schüler von Sriram. Alte Gesichter und neue Bekannte. Schön mit so vielen Menschen verbunden zu sein, die alle die gleiche Leidenschaft teilen: Yoga in seiner ursprünglichen, traditionellen Form. Mit einem Gastlehrer, der diese Tradition nicht besser vertreten könnte – Srivatsa Ramaswami, einer der letzten lebenden langjährigen Schüler von Sri T. Krishnamacharya.
Wie immer sind es diese Lehrer, die mich wirklich begeistern.
Bescheiden und ruhig mit humorvoller Ausstrahlung und Augen die von tiefem Wissen zeugen, so sitzt er vor dieser grossen Gruppe von Menschen, bei seinem ersten Besuch in Deuschland. Er beginnt mit einem Mantra, ich fühle mich nach Indien gebeamt.
Da er schon seit langem in New York lebt, spricht Sir Ramaswami ein ganz schön schnelles Englisch, das mir ein Mitkommen, vor allem wenn er sein immenses Medizinisches Wissen mit einfliessen lässt, nicht immer leicht macht. Zum Glück übersetzt Sriram, wenn auch oft in gekürzter Form. Doch diese doppelte Ausführung ermöglicht gleichzeitig ein tieferes Verstehen.
Die Bedeutung des Wortes Yoga im Yoga Sutra ist unser Einstieg in die scheinbare Unendlichkeit tiefen yogischen Wissens, das aus unserem Lehrer herausfliesst.
Guruparampara* – Abschied von einem grossen Lehrer
Sriram hält eine bewegende Ansprache zum Tod seines und in der guruparampara* unser aller Lehrer, Sri TKV Desikachar, Sohn und Schüler von Krishnamacharya, der nur kurz vor dem Jahrestreffen nach langem schweren Leiden das „Jammertal der Erde“ (wie Srirams Frau, Anjali, in ihrem Blog schreibt) verlassen hatte und an dessen Beisetzung er leider nicht hatte teilnehmen können. Ich kannte ihn leider nicht persönlich und möchte hier gerne von Srirams Seite zitieren:
„Sri T.K.V. Desikachar ist weltweit bekannt als der Lehrer der Yogalehrer.
Dass wir heute in Chennai ein derartig gut strukturiertes und bedeutungsvolles Yogazentrum haben, in dem Tausende von Menschen Yoga lernen und weitere Tausende von Menschen mit diversen Krankheiten einen Heilungsweg finden, verdanken wir seiner Vision und seinem unermüdlichen Einsatz seit den siebziger Jahren.
Der tiefe Respekt, mit dem er Yoga achtet, die Art und Weise, wie er über seinen Vater und Lehrer, Sri T. Krishnamacharya spricht, wie er für Kranke die Yogatechniken als Heilmittel einsetzt und Schülern sowie Freunden und Bekannten begegnet, machen ihn gleichzeitig zu einem außerordentlich bewunderungs- als auch liebenswürdigen Menschen.
Wie kein anderer Meister vermittelt er auf hervorragende Weise die Notwendigkeit der Professionalität bei Yogalehrern:
Sowohl durch sein eigenes Beispiel als auch durch seinen Unterricht.
Sri T.K.V. Desikachar verdanke ich mein gesamtes Wissen des Yoga. „
Wir schweigen. Wir rezitieren.
Yoga bedeutet Frieden, peace of mind
Als er merkt, dass Einige von uns (ich eingeschlossen) am Ende des Anreisetages recht müde sind, besteht Sriramesvami darauf, uns mit Vinyasa Asana (fließende, mit dem Atem verbundene Körperhaltungen) beim redzuieren von tamas (hier: Müdigkeit/Schwere) zu unterstützen, sodaß unser Geist wieder „fresh und full of sattva“ wird. Obwohl Sriram zeitliche Einwände hat. Jaaa und das tut wirklich gut. Die Praxis ist toll, obwohl wir nur im Stehen üben, Hastasanas, das sind die Körperhaltungen für die Arme, hasta. Pranayama (Atemübungen) beginnen wir mit kaphalabati, da es am Besten auf die Atemübungen des Yoga vorbereitet. Danach fühle ich mich wieder viel ausgeglichener.
Unterweisungen nach Sri T. Krishamacharya
Nach einem köstlichen Frühstück (die Verpflegung ist vegetarisch und wir werden die ganzen Tage rundum liebevoll Versorgt und machen auch seva, selbstlose Mit-Arbeit) starten wir den zweiten Tag auch mit einer Praxis, zu den Hasta Vinyasas (Armbewegungs-Abläufen) kommt ein Ablauf hinzu, bei dem wir eine festgelegten Bewegungsablauf in alle vier Himmelsrichtungen ausführen und über die Armbewegungen auch noch die Zwischenrichtungen mit einbezogen haben, genannt ding namskara. Ich liebe ja solche Rituale und werde mich zum Schluß noch auf ein ganz besonderes freuen dürfen. Es folgen Unterweisungen in Pranayama, Dharana (Konzentration), den Texten und Vedic Chanting so wie auch er von seinem Lehrer unterrichtet wurde. Sriram stellt Fragen zu Sriramaswamis Zeit als Schüler bei Krishnamacharya und wir diskutieren auch die „Unterschiede“ der Herangehensweise an einige Asana. Die Zeit vergeht wie im Flug.
Ein besonderes Ritual – Arunam
Am letzten Tag führen wir, gut vorbereitet, ein besonderes Ritual durch: Sriram und Ramaswami rezitieren das Arunam, ein langes Sonnengebet, mit dem Gayatri, den 12 Namen der Sonne und nach jeder Strophe machen wir einen 12-Positionen Sonnengruß. Es sind 32 Strophen und es dauert gute 2 Std., an einem wirklich heissen Tag im August. Es ist für die Sonne und so auch für die Sehkraft und allgemein für die Gesundheit. Ich komme richtig ins schwitzen aber es ist toll, diese beiden kraftvollen Männerstimmen gehen mir durch und durch und nach einer kleinen Pause läuft es richtig gut, ich halte durch. Tolles Gefühl. Eingebunden in etwas Grösseres habe ich mich gefühlt, die Sonne heiss und strahlend über mir und auch in mir. Toller Abschluss dieser wunderbaren Yogareise.
Auf ein baldiges Wiedersehen?
Gut gelaunt und immer noch etwas aufgeputscht (rajasisch, das kann von den vielen Sonnengrüßen kommen), machen wir uns auf den Heimweg und sind uns einig: wir kommen wieder!
Ich persönlich
habe sehr viel mitgenommen und bin sehr dankbar dafür. Ein besonders liebevolles Dankeschön noch mal extra für meinen Mann, er weiß schon warum. An meine tollen Reisebegleiterinnen, Sarah, Julia und Caroline – ihr seid die Besten! All die tollen Gespräche und guten Ideen. Vor allem danke ich Sriram und seiner Frau Anjali für die Organisation des Treffens und dafür, dass er mein Lehrer ist, zusammen mit Cornelia Novac, danke für die tolle Ausbildung die ich dort machen durfte und die Geduld, die sie im Einzelunterricht mit mir hat.
In mir schwingt ein Teil aus dem arunam, das pushpam mantra, noch lange nach. Ich werde es weiter rezitieren. Mein Objekt der Ausrichtung habe ich auch – wieder – gefunden:
Surya. Die Sonne.
*Guruparampara
Das Sanskrit-Wort „Parampara“ bedeutet eine ununterbrochene Reihe, Traditionslinie, in der das Wissen von Generation zu Generation weitergegeben wird, die Lehrer-Schüler-Nachfolge in den indischen Religionen. nathas.org
Tags:Anjali, Arunam, ding namaskara, guruparampara, Hastasanas, Sriram, Srivatsa Ramaswami, surya, surya namaskar, T. K. V. Desikachar, Yogatradition, Yogaweg
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Etwas über Sandra
Sandra Simon ist ärztlich geprüfte Yogalehrerin und ausgebildet in Yogaunterricht für Gruppen und Einzelpersonen mit therapeutischem Ansatz.
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Buchtipp: Yoga – Neun Schritte in die Freiheit
Ein Weg zu Gesundheit und Selbstbewusstsein von R. Sriram Dieses Buch habe ich 2007 von…
Ein schöner Bericht, und ja, das war ein beeindruckendes Wochenende. Dank dir kann ich es wieder nachvollziehen, und durch die Links sogar auch mit Originalstimme von Srivatsa Ramaswami!
Liebe Caroline das freut mich, danke für´s Feedback … und es war einfach schön, dich als Zimmergefährtin und Begleitung dabei gehabt zu haben 🙂