Leiden lässt sich vermeiden

Heyam dukham anagatam / Patanjali II.16
„Der Weise begegnet dem Leid, indem er sich bemüht es vorbeugend zu vermeiden“. 

Anhand dieses Slokas aus dem Yogasutra sind wir dieses Jahr tief in die Yogaphilosophie eingetaucht – Welche Ideen können wir hieraus schöpfen, wie kann es gelingen, Leid – dukham – vorausschauend zu vermeiden? Was bedeutet es überhaupt, zu Leiden – wie entsteht „Leid“? Das sind Fragen, die wir im Yogasutra beantwortet finden.

Gesunderhaltung

  • Im Yoga, wie auch Ayurveda, seiner Schwesternwissenschaft aus dem Veda, geht um Gesundheit = Prävention. Es geht nicht um dukham, sondern darum, das Leiden zu vermeiden.
  • Asanas stärken die Widerstandskräfte, machen uns fit und beweglich
  • Pranayama hilft, Schlacken zu verbrennen: z.B. durch das vollständige Ausatmen und das Stillhalten des Atems. Es sammelt Prana im Körper.
  • Prana ist, grob übersetzt, unsere LEBENSENERGIE – „Yogi“ ist jemand dann, wenn sich sein oder ihr prana im Körper befindet.
  • Kriyas helfen, den physischen Körper zu reinigen (z.B. Neti, Trktat)
  • Vairagya, Gelassenheit hilft uns, nicht in gesundheitsschädlichen Stress zu geraten 

Die Einheit von Körper – Atem – Geist

  • Wir gehen im Yoga ganz fest von dieser Einheit aus.
  • Auch z.B. schlechte Stimmung, Stress … wirkt sich auf den Körper aus.
  • Gute Nachricht: du kannst überall ansetzen – Körper, Atem, innere Haltung – Man kann immer etwas tun.
  • Asana hilft im Körper anzukommen und den Körper mit der Atmung zu verbinden.
  • Pranayama lässt unseren Geist zur Ruhe kommen, der „Stille Atem“ befähigt zur Meditation.
  • Pratyahara Wir können unsere Sinne für uns (oder gegen uns) „arbeiten“ lassen.
  • Dharana, Reflexion über unser Verhalten, die Dinge die uns beschäftigen, hilft uns klar zu werden und Verantwortung zu übernehmen.

Ganzheitliches Üben mit Kriya Yoga

Fast jede Tätigkeit kann eine läuternde Wirkung auf uns haben. Der bewusste Umgang mit der Natur, mit unseren Mitmenschen und uns selbst (Yama & Niyama) schult unsere Aufmerksamkeit im Alltag und hilft unsere innere Haltung im Sinne des Yoga zu verwirklichen.
Kriya Yoga kann die kleshas (störenden Kräfte) reduzieren. 

Gleichgewicht
Wir wissen: nicht alles ist gut für uns – wie weit kann ich gehen bis es „kippt“?

  • Es ist unbedingt wichtig für jeden Menschen, sich selbst zu KENNEN, unsere Grenzen zu kennen.
  • Leid kommt großteils aus unseren Verhaltensmustern.
  • Asana unterstützt unser körperliches Gleichgewicht.
  • Am Atem können wir sehen, wenn wir aus dem Gleichgewicht sind. 
  • Leiden ist überall, der Yogi erkennt dies als Tatsache an und somit hat er es in der Hand, wie es ihn „trifft“

Verantwortung übernehmen

  • Schau mit Abstand: Deine Projektionen sind das Problem, nicht das Problem an sich (Z.B. nicht „Mein“ sondern „Der“ Fuß ist vom Schmerz betroffen.
  • Wir versuchen die “Hindernisse / antarayas“ rechtzeitig zu erkennen und zu überwinden. 
  • Durch reflektiertes Handel / Dhyana  können wir nach und nach auch die „tiefsitzenden Kräfte, die unser Tun und Denken beeinflussen / kleshas“ abbauen. 
  • Das Reflektieren ist die innere Haltung im Sinne von Kriya-Yoga während jeglichem Tun. 
  • Wir haben es in der Hand, wie wir in jeder einzelnen Situation „reagieren“.
  • Das eigentliche Thema hinter den Themen ist die Unterscheidung des Drasta vom Citta: Wer bin ich und wer bin ich nicht? Welche Stimme ist mein wirkliches Wesen und welche die des meinenden Selbst? 

Meditation, Ideen & Verbindung: Das innere Licht

  • Das Zurückziehen der Sinne (Pratyahara) kann allmählich dazu führen, dass wir unsere Sinne nach Innen richten und so unsere Innenwelt unmittelbar erleben können. 
  • Es geht nicht darum, die Gedanken zu unterdrücken, sondern den Geist auszurichten auf ein Thema. Dadurch entsteht letztendlich die „Erkenntnis aller Dinge“.
  • Es gibt eine Vielzahl und für jeden die passende Ausrichtung. Für die Meditation über ein Thema, das anspricht – Ein Lehrer kann hilfreich sein, den für dich geeigneten Weg zu finden.
  • Die Verbindung mit unserem inneren Licht, Jiotismati, schenkt uns Frieden, ein Punkt der nicht „berührt“ wird von den äußeren Schicksalen. Das ist Purusha, unser unveränderlicher „Wesenskern“. 
  • Weitere Idee für die Anbindung sind die BHAVANAS:
    Besinnung auf 4 wesentliche Gefühle: Liebe, Mitgefühl, Enthusiasmus, Vergebung. Ausrichtung auf die Dankbarkeit.

Das Ziel: Kaivalya – Freiheit
„Im Zustand der inneren Freiheit sind die menschlichen Ziele verwirklicht. Die innere Form leuchtet hervor“ Y.S. 4.34
Das ist das letzte Sloka des Yogasutra. Ich verstehe es gerade so: Je mehr wir unseren innersten Wesenskern freilegen, unsere innerste Wahrheit erfahren und leben, desto freier werden wir sein und desto weniger werden uns die äußeren Umstände noch leiden lassen.

Wichtige Ideen dazu:
hana -> „sich trennen, sich befreien“ Y.S. 2.25
Vairagya -> „Gleichmut“ auch wenn wir z.B. eine besondere „Gabe“ erhalten. Y.S. 3.50
Viveka -> „Unterscheidungsfähigkeit“ zwischen Wirklichkeit und Schein: „Die Neigung, durch Gefühle und Gedanken in Verwicklungen zu geraten, endet, wenn der unveränderliche Kern des eigenen Selbst erfasst wird.“ Y.S. 4.26

>> Erkenne, was das (eigentliche) Problem ist <<
>> Lerne dich selbst kennen. Lerne dein Gleichgewicht zu halten, kenne deine Grenzen. <<
>> Eigentlich ist gar nichts ein Problem, wenn du es nicht an dich heran lässt. <<

Quellen:
R. Sriram: Patanjali das Yogasutra
T.K.V. Desikachar: Yoga – Tradition und Erfahrung


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